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Wieso fliegen die hexen zum BlocksBerg?

Illustration kiki.jpeg

Der Brief

Die Sonne war noch nicht ganz aufgegangen und die kleine, grüne Hexe schlummerte noch friedlich in ihrem Bett. Zu ihren Füßen lag ein kleiner Frosch, der ebenfalls tief und fest schlief.

Das einzige, das sich in der kleinen Hütte regte, war ein Geist, der Mitten im Raum schwebte. Er schien sich beim Schweben ganz leicht auf und ab zu bewegen. Seine Augen wanderten wachsam durch den Raum. Einen kurzen Moment verharrte sein Blick auf der Tür. Dann wanderte er wieder zur Feuerstelle, über den Tisch und zum Fenster.

Plötzlich weiteten sich seine Augen. Offenbar hatte er draußen etwas erblickt. Er näherte sich dem Fenster und starrte auf den See, der vor der Hütte lag. In der Ferne schien sich etwas zu bewegen. Einen kurzen Moment lang starrte der Geist durch das Fenster, dann drehte er sich rasch um und fing an zu schreien.

»Rana, schnell! Steh auf! Kleine, grüne Hexe!«

Der Geist schrie aufgeregt und schwebte nun vor dem Bett auf und ab. Rana öffnete müde eines ihrer Augen und blickte den Geist verdutzt an.

»Was ist den los, Hugo?«, fragte sie verschlafen.

»Da kommt etwas auf uns zu!« Hugo deutete mit seinem Arm in Richtung Fenster.

Die kleine Hexe setzte sich auf und strubbelte sich durch ihre wild abstehenden, grünen Locken.

»Was meinst du damit? Was kommt auf uns zu?«, fragte sie während sie müde ihre Augen rieb.

»Äh also, das weiß ich nicht so genau. Ich sehe nur, dass es näher kommt. Direkt auf uns zu«, erwiderte Hugo verlegen.

Rana schlug die Bettdecke zurück und weckte damit auch den kleinen Frosch am Ende des Bettes. Sie hüpfte aus dem Bett und spähte durch das Fenster. Ganz weit entfernt konnte sie einen kleinen Punkt erkennen, der tatsächlich immer näher kam. Quak blinzelte verschlafen in Ranas Richtung. Er wirkte über die abrupte Art, mit der er geweckt wurde, nicht begeistert. Er hüpfte an die Seite der kleinen Hexe und ließ ein anklagendes quaken hören.

»Entschuldige Quak, ich wollte dich nicht so unsanft wecken«, sagte Rana, ohne ihren Blick abzuwenden.

»Rana, ich denke es ist eine Taube!«, rief der Geist, der immer noch neben Rana schwebte und ebenfalls aus dem Fenster in die Ferne starrte. 

»Ich denke du hast Recht, Hugo! Was denkst du, kommt sie wirklich zu uns? Vielleicht ist es eine Freundin von meiner Schwester Rita, sie hat sehr viele tierische Freunde«, brabbelte Rana.

Und tatsächlich, kurze Zeit später war die Taube gut zu sehen und Rana erkannte, dass sie einen Brief im Schnabel trug.

»Oh die Taube bringt einen Brief. Von wem der wohl ist? Von Ruma kann er nicht sein, sie hätte sicher ihre Schneeeule Elsa geschickt«, überlegte die kleine Hexe.

Mittlerweile war die Taube ganz nah an Ranas Hütte, also öffnete die Hexe das Fenster. Einen kurzen Moment später segelte die Taube durch das Fenster und ließ sich auf Ranas Schulter nieder. Den Brief, den sie im Schnabel trug, ließ sie der keinen Hexe auf die Füße fallen. Rasch hob Rana den Brief auf, auf dem mit einer verschnörkelten Schrift »Rana, die grüne Hexe, Beschützerin des Sees« stand.

»Ohh, was da wohl drinnen steht? Bekommst du oft Briefe?«, fragte Hugo.

»Nein, nicht oft. Ich bin auch gespannt«, erwiderte Rana und drehte den Brief um, um zu sehen wer der Absender war. »Hmm, da steht kein Absender. Dann werde ich ihn mal aufmachen, oder was meint ihr?«

Sofort bekam Rana ein aufgeregtes Quaken als Antwort und Hugo nickte so heftig, dass seine Locke auf und ab wippte. Die kleine Hexe öffnete das Kuvert und entfalte das Stück Papier, das sich darin befand. Sie räusperte sich und begann laut vorzulesen.

 

»Liebe grüne Hexe, Beschützerin des Sees! Wie jeden Herbst wird auch dieses Jahr wieder der Magiekongress am Blocksberg abgehalten. Wir freuen uns dir mitteilen zu dürfen, dass du dieses Jahr zu dieser Hauptversammlung der Hexen und Magier eingeladen bist, um einen deiner Zauber vorzustellen, um dich vor der Gemeinschaft der Hexen zu beweisen und in den inneren Kreis aufgenommen zu werden. Welchen Zauber du vorträgst, bleibt dir überlassen. Wir empfehlen einen Tag früher anzureisen und den Aufstieg zu Fuß zu machen, da zu viele Besen in der Luft verdächtig wären. Neben dir werden noch drei andere junge Talente versuchen sich zu beweisen – leider gelingt es allerdings nicht jedem. In diesem Sinne wünschen wir dir, kleine grüne Hexe viel Glück und freuen uns auf dein Kommen. Die genauen Daten zum Kongress findest du auf der Rückseite des Briefes.«

 

Rana ließ das Schreiben sinken und wirkte etwas zerstreut.

»Rana, ich wusste ja, dass du eine talentierte Hexe bist! Ich bin beeindruckt! Das klingt wie eine wichtige Versammlung und du wirst persönlich eingeladen. Das heißt du musst auch wichtig sein«, sagte Hugo ehrfürchtig und warf Rana einen bewundernden Blick zu. »Ach weißt du Hugo, so besonders ist das eigentlich gar nicht. Meine Schwestern sind schon alle eingeladen worden und meine älteste Schwester Ruma gehört mittlerweile zu den Oberhexen. Reda war letztes Jahr eingeladen und hat die Aufnahmeprüfung natürlich sofort bestanden. Sie und meine anderen Schwestern sind aber auch außergewöhnlich talentierte Hexen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich da mithalten kann.«

Rana wirkte etwas traurig und verloren als sie sprach. Der kleine grüne Frosch warf ihr einen mitleidigen Blick zu und schmiegte sich dann an die Beine der kleinen Hexe, um sie zu trösten.

»Aber Rana, du bist doch auch eine außergewöhnlich talentierte Hexe. Das haben auch der kleine und der dicke Zauberer gesagt«, entgegnete der Geist langsam.

»Ach Hugo, du kennst meine Schwestern nicht. Ich komme aus einer Familie, die viele besondere Hexen und Zauberer hervorgebracht hat. Meine Oma ist eine sehr berühmte Hexe, die einfach alles schafft. Und meine älteste Schwester ist irgendwie auch wie sie. Sie ist gerade einmal 19 Jahre alt, aber schon jetzt eine der angesehensten Hexen. Sie ist unglaublich klug und auch sehr talentiert. Hexen die viel älter sind als sie kommen zu ihr um nach Rat zu fragen«, erzählte Rana, während ihre Augen nochmals den Brief überflogen.

»Was soll ich bloß für einen Zauber zeigen?« fragte die kleine Hexe gedankenverloren. Hugo schien einen Geistesblitz zu haben, denn sein ansteckendes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus.

»Du könnest mich doch nochmal fangen! Das reicht doch sicher aus!«, sagte er mit Stolz geschwellter Brust. Rana konnte nicht anders als zu lachen. Der kleine, grüne Frosch hingegen sah Hugo völlig entgeistert an.

»Das ist ja lieb von dir Hugo, aber es muss ein eigener Zauber sein. Ich muss mir selbst etwas überlegen und nicht einfach nur einen bestehenden Zauber anwenden. Und ich habe nur noch wenig Zeit. Das Treffen ist am Samhain-Sabbat-Tag und das ist in weniger als einem Monat.«

Die kleine Hexe wirkte wieder nachdenklich.

»Ich werde ein wenig spazieren gehen. Vielleicht fällt mir ja etwas Gutes ein«, murmelte sie und machte sich gleich auf den Weg nach draußen. Als sie wieder zurück kam war es bereits dunkel geworden.

»Rana, ich habe mir schon fast Sorgen gemacht! Wo warst du so lange?«, rief Hugo, der wirklich erleichtert wirke, dass die kleine Hexe wieder zurück war.

»Ich habe den ganzen Tag darüber nachgedacht, was ich zeigen könnte. Aber leider ist mir nichts eingefallen.«

Rana wirkte etwas niedergeschlagen.

»Ich habe mir wirklich den Kopf zerbrochen, aber mir will einfach nichts Gutes einfallen. Ich glaube ich werde schlafen gehen und hoffen, dass ich morgen eine gute Idee habe«, gähnte die kleine Hexe und machte sich fertig um zu Bett zu gehen.

Erschöpft und etwas traurig ließ sie sich auf die Matratze fallen. Quak gesellte sich sofort zu ihr und machte es sich am Bettende gemütlich. Rana wälzte sich von einer Seite zur anderen, doch aus irgendeinem Grund konnte sie keinen Schlaf finden. Erst spät in der Nacht, als der Mond schon hell am Himmel strahlte, schlief sie endlich ein.

"Warum spukt es hier?" ist das 3. Kinderbuch der Reihe "Die Abenteuer der kleinen, grünen Hexe".

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